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Suzanne Grieger-Langer: Mobber, Hater und Trolle sind weiter auf dem Vormarsch

Opfer von Cybermobbing bleiben mit ihrem Leid oft im Verborgenen

Die Digitalisierung hat viele Vorteile: Komplexe Prozesse können inzwischen bequem per Knopfdruck erledigt werden, unzählige Arbeitsschritte wurden vereinfacht, beschleunigt und automatisiert. Gleichzeitig stellt die Tatsache, dass Privatpersonen, Unternehmer und Firmen heute allesamt auch online stattfinden, die Gesellschaft vor gänzlich neue Herausforderungen: Das Internet ist nicht nur Tor zur Welt, sondern auch ein Einfallstor, durch das Mobber, Hater und Trolle ihren Hass transportieren. Cybermobbing und Rufmord im Internet sind inzwischen zu einem ernsthaften Problem geworden.

Verbale Angriffe im Netz finden zwar digital statt, haben jedoch weitgehende Konsequenzen auch für die reale Welt. So kann digitaler Rufmord nicht nur seelische Schäden bei den Betroffenen anrichten, sondern auch den ganzen Lebenslauf und die Karriere zerstören – beispielsweise dann, wenn Geschäftspartner Unwahrheiten für bare Münze nehmen und in der Folge Geschäftsbeziehungen zu Mobbingopfern beenden. Das gleiche gilt für kleinere Unternehmen, aber auch für ganze Konzerne, deren Ruf durch Attacken von Internettrollen derart geschädigt werden kann, dass sie sich davon nie wieder erholen. Im Prinzip kann Cybermobbing also Existenzen zerstören.

Die Sprache der Trolle wird als Framing bezeichnet. Es schafft enge Denkkorridore: Wer den Cybermobbern lange genug folgt, wird am Ende den vorgegebenen Korridor entlang gehen und – wie von den Hatern vorgesehen – zu dem Schluss kommen, den sich die Störenfriede wünschen. Profiler wissen, dass das menschliche Gehirn Fakten nicht rein rational verarbeiten kann. Das Gehirn benötigt eine Hilfestellung, eine Einordnung, also eine Perspektive auf den Fakt. Framing stellt diese Perspektive künstlich her. Trollen zielen darauf, einen Referenzrahmen zu schaffen, in dem ein Fakt eine emotionale Bedeutung erhält, die beim Leser die jeweils gewünschte Reaktion auslöst. Wie beim wirklichen Mobbing auch, kommen Cybermobber meist erst in der Gruppe so richtig in Fahrt: In Hasskommentaren stacheln sie sich gegenseitig an. Beim Cybermobbing geht es den Trollen immer auch darum, Mit-Leser zu haben, die sich unterhalten fühlen, solange sie der Hass nicht selbst betrifft. Auch die Leser, die das Unrecht in den Posts erkennen, trauen sich meist nicht, sich einzumischen – nicht selten aus Angst, selbst ins Kreuzfeuer zu geraten.

Im Vergleich zum Mobbing im realen Leben fällt es Tätern beim Cybermobbing noch leichter, Grenzen zu überschreiten: Sie fühlen sich sicher, weil sie in der Anonymität des Internets annehmen, für ihre Lügen nicht zur Verantwortung gezogen werden zu können. Mitleid haben sie nicht: Dafür sorgt schon allein die Tatsache, dass sie ihr Opfer nicht direkt vor Augen haben – und damit auch nicht das Leid, das sie durch ihren virtuellen Beschuss verursachen. Opfer, die sich nicht trauen, andere um Hilfe zu bitten, bleiben im Verborgenen. Dabei sind die Auswirkungen von Cybermobbing oftmals schlimmer als die des Mobbings im realen Leben – insbesondere, weil man vor dieser Art von Mobbing nie sicher sein kann: Cybermobbing ist Mobbing, das über den Rechner quasi direkt Einzug hält im Zuhause der Opfer – also in genau dem Bereich, der eigentlich Schutz und Zuflucht bieten sollte. Die Opfer sind dem Hass der Cybermobber somit 24 Stunden am Tag ausgesetzt. Sie leiden auch unter der Ungewissheit, wer sich hinter den Angriffen versteckt, denn es könnte jeder sein – auch jemand, mit dem man bekannt oder sogar befreundet ist. Diese Ungewissheit verunsichert viele Menschen, die dadurch Misstrauen selbst gegenüber engen Freunden entwickeln.

Die Hater greifen nicht nur Personen, sondern auch ganze Unternehmen an. Zu den häufigsten Arten von Cybermobbing gegen Unternehmen gehören Fake-Bewertungen, die auf Bewertungsportalen oder Verkaufsplattformen platziert werden. Die Verleumdung findet nicht selten auch auf Facebook oder via Twitter statt. Trolle mögen diese Plattformen, weil Schmähbeiträge dort innerhalb kürzester Zeit von vielen Usern gesehen und geteilt werden können.
Ist das Ansehen einer Firma durch üble Nachrede und ungerechtfertigte Kritik erst einmal ruiniert, ist es schwer, den guten Ruf wiederherzustellen. Firmen, die sehen, dass in Foren oder sozialen Netzwerken Unwahrheiten oder Beleidigungen über sie verbreitet werden, sollten sofort handeln, um folgenschwere Schäden ihres Rufs zu vermeiden. Zudem ist es immer auch ratsam, im eigenen Betrieb ein professionelles Reputations- und Krisenmanagement zu betreiben.

Digitale Beschimpfungen oder Verleumdungen sind kein Kavaliersdelikt: Es handelt sich um Straftaten, die mit Freiheitsstrafen von einem (Beleidigung) bis fünf Jahren (Verleumdung) geahndet werden können. Dem Gesetz zufolge stellen ganz unterschiedliche Arten von Aussagen eine Straftat dar – etwa falsche Tatsachenbehauptungen. Stellt sich eine Behauptung als nachweislich unwahr dar, kann ein entsprechender Post auch als üble Nachrede gelten und bestraft werden. Noch gravierender ist die Straftat, wenn ein Mobber seine Behauptung „wider besseres Wissen“ tätigt – also obwohl er ganz genau weiß, dass sie nicht der Tatsache entspricht. In einem solchen Fall spricht das Gesetz von Verleumdung.

Lässt sich der Wahrheitsgehalt eines Posts nicht überprüfen, handelt es sich um ein Werturteil. Hiermit kann sich ein Mobber zumindest der Beleidigung schuldig machen. Dabei ist es im Ernstfall an den Gerichten, eine exakte Linie zwischen zulässigem Werturteil und einer Schmähkritik zu definieren.