Führungsintelligenz – Fachkräftesicherung und -gewinnung
20. Februar 2017.
Gesundheitsbewusste Führung führt zu einer nachhaltigen und positiven Leistungsspirale und Fachkräftesicherung. Diese neue Führungsmethode stellt sowohl für Mitarbeiter und Führungskräfte als auch für das Unternehmen oder die Organisation eine Win-win-Situation dar. Organisationen punkten durch eine niedrige Krankheits- und Fluktuationsrate, ein positives Marktimage, eine bessere nachhaltige Produktivität und somit schlussendlich durch mehr Gewinn. Mitarbeiter und Führungskräfte werden punkten durch nachhaltige Leistung, kurzfristig umsetzbaren Erfolg, gesteigerte Leistungszufriedenheit, verstärkte Identifikation mit dem Unternehmen und schlussendlich vielleicht sogar auch durch mehr Gehalt und Anerkennung. Um das aber zu erreichen, muss die Gesundheitsbewusste Führungsmethode (GbFM) in drei Dimensionen umgesetzt werden.
Erstens in Bezug auf das persönliche Leistungsmanagement. Hier geht es um die gesundheitsbewusste Selbstführung der Führungskräfte und Mitarbeiter. Die Eigenverantwortung des Einzelnen steht im Sinne einer ganzheitlichen Work-Life-Balance im Mittelpunkt. Dies ist allerdings zugleich auch die schwierigste Aufgabe, denn der innere Schweinehund lässt grüßen. Sie wissen ja, die schwierigste Turnübung ist, sich selbst auf den Arm zu nehmen. Genau das müssen Sie aber tun.
Zweitens in Bezug auf die gesundheitsbewusste Mitarbeiterführung. Diese fängt bei Selbstführung an. Sie können Ihren Mitarbeitern nicht gesundheitsbewusstes Handeln und Arbeiten predigen, wenn Sie selbst bei jeder kleinen und schwierig erscheinenden Situation mit dem Kopf durch die Wand rennen. Das heißt, Sie als Führungskraft müssen immer authentisch bleiben. Als Vergleich möchte ich hier nur manche Ernährungsberater nennen. Sie können kein Ernährungsberater sein, wenn Sie bei einer Körpergröße von 170 cm achtzig, neunzig oder gar über einhundert Kilogramm wiegen. Das wird Ihnen keiner Ihrer Zuhörer abnehmen. Sie können auch nicht ins Wasser springen ohne nass zu werden.
Dagegen werden gesundheitsbewusste Führungskräfte durch ihr authentisches Verhalten die Bedingungen der Mitarbeiter für nachhaltige Leistung positiv beeinflussen. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei unter anderem die soziale Zuwendung, die Anerkennung und Wertschätzung, eine offene Kommunikation und konstruktive Konfliktlösung, aber auch ein Entscheidungsspielraum und teamorientierte Mitbestimmung sowie Fachkräftesicherung. Bei diesen Aufgaben ist es wichtig, dass die Führungskräfte persönlich nicht alleine gelassen werden. Sie brauchen einerseits Hilfe und Unterstützung von ihren eigenen Vorgesetzten, also vom Chefchef und so weiter, und andererseits auch professionelle Hilfe von erfahrenen externen Ratgebern und Coaches. Studien zeigen: Je psychisch gesünder eine Führungskraft ist, desto größer sind ihre Erfolge oder auch anders ausgedrückt, mit weniger Misserfolgen ist zu rechnen.
In diesem Sinne werden psychisch gesunde Führungskräfte auch die Rahmenbedingungen ihrer Mitarbeiter leistungsbewusster gestalten. Letztendlich geht es auch darum, eine Führungspersönlichkeit zu sein und nicht nur ein Vorgesetzter. Führung muss man lernen und Führung funktioniert heute anders. Hierarchie-, Angst- und Machtführung haben ausgesorgt. Der neue Ansatz heißt personenkonzentriertes Führen, bei dem der Mitarbeiter präventiv durch Ehrlichkeit, Loyalität und Vertrauen motiviert wird. Es wird eine Grundhaltung gefördert, welche die Basis für ein leistungsorientiertes, aber gesundheitsbewusstes Arbeitsumfeld bildet, auf der Grundlage von eigener Kongruenz und Akzeptanz sowie Empathie. Und glauben Sie mir, am Anfang werden Ihre Führungs- und Managerkollegen Sie belächeln, vielleicht legen sie Ihnen auch Steine in den Weg. Spätestens wenn Sie zwei Quartale nacheinander Ihre Produktivität gesteigert haben und Ihre Gewinne in den Orbit zielen, will man Ihnen nacheifern. Aller Anfang ist schwer. Sie wissen ja, wenn ich als Landwirt im Herbst Getreide ernten will, muss ich im Frühjahr säen, dazwischen das Feld bestellen, pflegen und wässern. Nur dann habe ich Aussicht auf eine ertragreiche Ernte.
Daraus folgt drittens die gesundheitsbewusste Entwicklung der Organisation. Inzwischen in der Top-Führungsetage angekommen, wird nun die Gesundheitsbewusste Führungsmethode (GbFM) als Erfolgsfaktor in der Unternehmensvision verankert. Jetzt können Sie starten.
Einführung der gesundheitsbewussten Fachkräftesicherung
Die Einführung kann nur unter einem Gesichtspunkt erfolgen, „Top-Down“. Wenn sich die Unternehmensführung nicht verpflichtet, Sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen, lassen Sie es sein. Sie werden scheitern. Lapidar werden die Mitarbeiter sagen: „Wenn die da oben nicht mitmachen, warum sollen wir es dann tun?“ Schon sind wir wieder beim Thema Selbstverantwortung. Mitarbeiter werden es nicht tun, wenn ihre Vorgesetzten nicht mitmachen. Daher schauen Sie, dass Sie Ihre Unternehmensführung dafür gewinnen, mehr noch, begeistern können. Gelingt es Ihnen, diese Begeisterung in der Top-Führungsetage zu wecken und auch die Top-Manager dafür zu gewinnen, dann stehen Ihnen alle Türen offen und Sie werden erfolgreich. Wenn nicht, dann haben Sie nur die Möglichkeit, es abteilungsbezogen durchzuführen. Für Ihre Abteilung, unabhängig von den Nachbarabteilungen. Dieser Weg wird steinig und hart, aber aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Es lohnt sich. Besondere Wichtigkeit kommt aus gelebter Veränderung.
Tödlich ist es auf alle Fälle, wenn lediglich ein neues Etikett „Gesundheitsgeprüft“ aufgeklebt wird. Leider kenne ich viele, auch große internationale Konzerne, die das machen. Nicht jede Rückenschule, nicht jede Yoga-Stunde ist gesundheitsbewusstes Führen. Aus Alt mach Neu funktioniert hier leider nicht.
Gesundheitsbewusste Führung muss als Erfolgsfaktor im Leitbild des Unternehmens verankert werden. Nun gilt es durch intensive Schulungen der Führungskräfte einen Kulturwandel zu vollbringen. Dass sich das lohnt, hat die London Underground bewiesen. Seit der Einführung von gesundheitsbewusster Führung konnten jährlich die Personalkosten um 455 000 Pfund reduziert werden, ohne einen Mitarbeiter zu entlassen.
Wie das im Einzelnen umgesetzt wird, ist von Unternehmen zu Unternehmen, von Führungskraft zu Führungskraft unterschiedlich. Bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Sie müssen den für Sie sichersten und effektivsten Weg suchen. Wichtig aber ist: Das Ziel muss klar definiert sein. Ziele sind immer so zu wählen, dass sie messbar und erreichbar sind, aber was erzähle ich Ihnen, das wissen Sie selbst. Eine besondere Chance für Sie liegt aber auch darin, den Paradigmenwechsel, also hin zur gesundheitsbewussten Führung, in die Führungskräfteausbildung zu integrieren und damit im Selbstverständnis zukünftiger Führungskräfte zu verankern. Einige Firmen haben das bereits getan.
Fachkräftesicherung: Ansporn und Vorteile für Unternehmen
Nach Umfragen der DIHK sehen viele Betriebe im Fachkräftemangel eine gravierende Gefahr für ihre künftige wirtschaftliche Entwicklung. Jede Branche ist mittlerweile davon betroffen, nicht nur die Dienstleistungsbereiche in der Gesundheitswirtschaft wie Ärzte, Psychologen oder Pfleger. Es wird Zeit zu handeln, also packen Sie, die Unternehmer und Führungskräfte, es endlich an. Machen Sie das Beste aus der Situation, um dem Fachkräftemangel und der dadurch zunehmenden Belastung kreativ zu begegnen.
Niemand hindert Sie daran, aktiv nach neuen Absatzmärkten und Arbeitskräften zu suchen, auch nicht im Ausland. Ist es aber nicht besser, durch Fachkräftesicherung das heimische Fachkräftepotenzial zunächst effektiver und gesundheitsbewusster einzusetzen?
Unternehmen müssen sich zukünftig mit vielen Aspekten der Personalpolitik befassen, die früher eher Nischenthemen waren, wie zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder auch das betriebliche Gesundheitsmanagement. Lange Zeit unbeachtet, heute aber ein wichtiges Einstellungskriterium. Wussten Sie, dass bereits 90 % der mittelständischen Unternehmen flexible und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle anbieten? Dieses Engagement entscheidet immer häufiger darüber („Tue Gutes und berichte darüber“), ob potenzielle Bewerber in ein Unternehmen gehen, dort bleiben und auch nach einer Familienpause wieder zurückkommen. Gerade jetzt, wo die Bundesregierung jeden Betriebs-Kita-Platz massiv finanziell fördert, ist das ein echter Wettbewerbsvorteil. So bekommt jedes Unternehmen, das 10 Betriebs-Kita-Plätze schafft, 96 000 Euro Zuschüsse vom Staat. Dazu kommen noch die freiwilligen Beiträge der Eltern. So kommen locker und leicht 150 0000 bis 200 000 Euro zusammen.
Natürlich können Unternehmen nicht alles alleine stemmen und nicht jedes von den Beschäftigten gewünschte Angebot ist immer machbar. Aber dafür gibt es ja Ratgeber und Experten für das jeweilige Aufgabengebiet. Oft führen auch Kooperationen zum Erfolg in der Fachkräftesicherung. So gibt es diverse Industriegebiete, in denen sich alle dort ansässigen Firmen einen Kindergarten teilen. Warum solche Kooperationen nicht auch in Bezug auf gesundheitsbewusstes Führen eingehen? Der Einsatz wird sich lohnen, die Mitarbeiter fühlen sich gewürdigt, wertgeschätzt, gut aufgehoben und sind motivierter. Sie haben verstanden. Führungsintelligenz ist Chefsache.
Quelle: Chefsache Gesundheit – Der Führungsratgeber fürs 21. Jahrhundert