NUTZEN SCHNITTSTELLEN-MANAGEMENT – WIE DIGITALISIERUNG UND CORONA HELFEN KÖNNEN

„Information ist Energie. Bei jeder Weitergabe verliert sie etwas davon.“ (Wolfgang Herbst)

Auf die Prozesse von Unternehmen bezogen steckt in dieser Aussage viel Wahrheit und ebenso jede Menge Potenzial, daraus großen Nutzen zu generieren.

Informationsverluste über mehrere Bearbeitungs- und Verantwortungsschnittstellen hinweg verursachen betriebswirtschaftlichen Schaden in Form von unnötigen Kostenbeiträgen, zeitlichen Verzögerungen, Reklamationsaufwendungen, Imageverlusten, Abwanderung von Kunden u. v. m. Es geht darum, diese Verluste zu vermeiden und Nutzen z. B. in Form von Kundenzufriedenheit, Geschwindigkeit, Qualität und Kapazität zu gewinnen.


Informationsverluste: Pandemie offenbart Schwachstellen

Es ist unbestritten, dass persönliche Meetings vorzuziehen sind, wenn es darum geht, Missverständnisse auszuräumen oder die Datenbasis zu komplettieren bzw. zu verbessern. Die Pandemiesituation 2020 hat jedoch viele Mitarbeiter ad hoc ins Homeoffice verschlagen, Präsenztreffen waren nicht möglich. Der Druck, digital verfügbare Informationen an zusätzlichen Schnittstellen zugänglich zu machen, hat schlagartig zugenommen. Schnittstellen und ihrem Management kommt so eine noch größere Bedeutung zu.

Aus Sicht von Managern und Unternehmensverantwortlichen ist daher großen Wert darauf zu legen, die Daten im operativen Geschäft auf einen hohen Qualitätsstand zu bringen und zu halten. Zukünftig werden auf Basis von Datensätzen aus unterschiedlichen Quellen und gestützt durch moderne Analytik-Methoden deutlich mehr und weitreichendere Entscheidungen getroffen werden. Warum? Weil große Datenmengen heutzutage technisch leicht zu verarbeiten sind und aus der Vernetzung heraus auch geeignete Fremddaten einbezogen werden können. Schon heute stehen Analyseverfahren in großem Rahmen zur Verfügung, die bisher nur einem elitären Kreis vorbehalten waren. Die Geschäftsführung ist daher gehalten, Innovationsprozesse in Gang zu bringen und nachhaltig im Unternehmen zu verankern. Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten werden Potenziale sichtbar, die helfen können, die Ertragslage zu verbessern.

 

Schnittstellen – mehr als reiner Datenaustausch

Der Begriff „Schnittstellen“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Übergänge zwischen Funktionsbereichen, Sparten, Projekten, Personen und Unternehmen. Ein Unternehmen, das beispielsweise kundenspezifische Produkte anbietet, ist darauf angewiesen, Anforderungen des Kunden in Lösungen umzusetzen. Allein diese Anforderungen zusammenzutragen ist schon eine ernstzunehmende Organisationaufgabe. So überwindet im Maschinenbau bereits die Kommunikation von Fragen an den Kunden eine nicht geringe Anzahl von Schnittstellen: beim Anbieter intern und innerhalb des Kunden-Unternehmens. Gleiches gilt für die Kommunikation der Antworten. Tritt an jeder Schnittstelle ein 10%iger Informationsverlust auf, ergibt das insgesamt einen kaum zu verschmerzenden Verlust wichtiger Daten. Oftmals erschweren zudem Irrtümer und Missverständnisse die Situation. Will man Kundenbegeisterung erreichen, darf Informationsverlust in einer Geschäftsbeziehung nicht vorkommen.

Gängige Ursachen für Informationsverluste

Die Verwendung unterschiedlicher Begriffe, Fehlinterpretationen sowie Missverständnisse bei der Begriffsdeutung können Ursachen für Informationsverlust und daraus resultierende Datenfehler sein. Des Weiteren treten Datenübertragungsfehler insbesondere bei der mündlichen Kommunikation auf, ebenso Prozessmängel und unnötige Verantwortungsübergänge. Hinzu kommen als Ursachen Verzug durch Wartezeiten und die serielle Weitergabe von Fragen, Antworten, Informationen sowie organisatorische Mängel bei der Informationsbereitstellung. Und jeder Unternehmer weiß, welche Informationsengpässe beim Wechsel von Personal, Projektpartnern, Lieferanten, etc. drohen.

 

Lösungsansätze: geringer Aufwand, große Wirkung

Jedes Unternehmen hat die Möglichkeit, ohne großen zusätzlichen IT-Aufwand über die „Datenqualität“ Schnittstellenprobleme zu beseitigen. Etwa durch die Einrichtung zentraler Dateiverzeichnisse, ein kleines Regelwerk für die Dateibezeichnung, eine Schulung per Video sowie ein zentrales Schulungsverzeichnis und nicht zuletzt die verpflichtende Arbeit in dieser Umgebung. All dies ist im firmeneigenen Datennetz problemlos umsetzbar. Standardmäßige Office-Anwendungen bieten weitere Lösungen, die bei geschicktem Einsatz viele Möglichkeiten der Verbesserung an Prozessschnittstellen ermöglichen. Kollaboration lautet hier das Stichwort. Die Anwendung SHAREPOINT ist ein Beispiel vom führenden Anbieter Microsoft. Sie ist schon viele Jahre am Markt, wird aber in vielen Unternehmen nicht eingesetzt. Es gibt aber ebenso zahlreiche Alternativen, die zum Teil in der Einführung mit weniger Aufwand verbunden sind. Das am besten geeignete System gilt es, IT-fachkundig und individuell im Unternehmen auszuwählen.

Führungskräfte sind aufgefordert, Schnittstellen über Bereichsgrenzen hinweg detailliert auf Schwachstellen bzw. Optimierungspotenzial zu prüfen. Input und Anregungen vonseiten der Mitarbeiter sind hierbei von unschätzbarem Wert, handelt es sich doch um eine Art Bestandsaufnahme, die ggf. unter zentraler Leitung des Qualitätsmanagements zusammengetragen werden kann. Es geht also nicht nur um Software-Anwendungen, sondern auch um Führungsarbeit. Die Gelegenheit ist gerade während der aktuellen, verstärkten Homeoffice-Situation günstig. Aufforderungen an die Mitarbeiter in Homeoffices, alle Informationsdefizite in eine zentrale Datei einzutragen, ist ein sinnvoller Anfang. In dieser Phase unter den Führungskräften ein Bild für die Sollsituation zu beschreiben, hilft, dem Projekt eine breite Basis zu geben. Schnittstellenreduktion sowie klare Sprache und Definitionen können Bausteine der Verbesserung sein, ebenso die Entwicklung von Checklisten und eine zentrale Überwachung im Rahmen von internen Audits.

 

Die kontinuierliche Suche nach Verbesserungspotenzial als Selbstläufer

Alle in der Praxis auftretenden Schnittstellenfehler sollten unbürokratisch für Verbesserungen genutzt werden: Die jeweiligen Mitarbeiter können selber in cross-funktionalen Teams – in Verbindung mit IT-Beteiligung – nach Lösungen suchen, sie anwendungsreif formulieren und in der Praxis umsetzen. Die Auswirkungen der implementierten Lösungen sind zu beobachten und ggf. zu korrigieren oder zu ergänzen. Simultan wird das Bewusstsein über die Bedeutung der Arbeit an den Schnittstellen wachsen und die kontinuierliche Suche nach Verbesserungspotenzial wird zum Selbstläufer. Der Umgang mit Informationen und Daten sollte zukünftig in jedem Unternehmen einen Schwerpunkt bilden. Dabei ist anzuraten, dass ein Kernteam von Mitarbeitern intensiv im Umgang mit vorhandenen Softwaretools geschult wird, um deren Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Es ist dann auch Aufgabe dieser Teams, das Fachwissen wirksam in der Organisation zu verbreiten. Bei der Implementierung solcher Veränderungen können Interim Manager parallel zu ihrer Aufgabenstellung einen großen Mehrwert einbringen, indem sie mit ihrer neutralen und erfahrungsreichen Sicht situationsgerechte Kennwerte einführen und die Wirksamkeit laufend überprüfen. Sie scheuen sich in schwierigen Situationen auch nicht, komplexe Veränderungen in der Organisation einzuführen oder Führungskräfte zu coachen.

 

Buchtipp: „Digital Insights – Digitalisierung: 7 Sichtweisen aus der Praxis“

Weiterführende Informationen zum Thema und zum Autor Uwe Seidel finden sich im Buch „Digital Insights – Digitalisierung: 7 Sichtweisen aus der Praxis“, in dem sieben erfolgreiche Interim Manager direkt aus der Praxis berichten und Megatrends, technische Innovationen sowie unternehmerische, prozessuale, ethische, gesellschaftliche und globale Fragen beleuchten. „Digital Insights – Digitalisierung: 7 Sichtweisen aus der Praxis“ ist im Best Practice Verlag erschienen und kostet 39,90 Euro. Weitere Informationen: https://bestpractice-media.de/digital-insights-digitalisierung-7-sichtweisen-aus-der-praxis

 

Dr.-Ing. Uwe Seidel

Als gefragter Experte im Bereich Digitalisierung und Industrie 4.0 bringt Uwe Seidel moderne Verfahren im Umfeld von Big Data und KI qualifiziert zur Anwendung. Seine Erfahrung in der messtechnischen Datenerfassung, Datenanalyse und erfolgsorientierten Nutzung untermauert er gezielt mit Change-Maßnahmen. Maschinenbau, Elektrotechnik und Anlagenbau sind seine Branchen. Als ausgebildeter Interim Executive (EBS) führt er seine Mandate im Bereich Operations, Engineering, Innovation, Mergers & Acquisitions, Change und Restructuring stets zum Erfolg.

www.dr-seidel-management.de