Führungsintelligenz – Gesundheit wird zur Chefsache
23. November 2016.
Gesundheit wird zukünftig als Produktivitätsfaktor innerhalb von Unternehmen betrachtet werden. Es wird auch ein Messfaktor im direkten Mitbewerb sein. Dieses wird weitreichenden Auswirkungen für das Verständnis von nachhaltiger Leistung und die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels im Management voraussetzen. Neue Führungsinstrument wie zum Beispiel eine Gesundheitsbewusste Führungsmethode (GBFM) müssen etabliert und als Leitidee für die Weiterentwicklung von betrieblichem Gesundheitsmanagement dargestellt und verankert werden. Nur so ist ein nachhaltiger für Unternehmen und Mitarbeiter sinnvoller Umgang mit den Bereichen „Persönliches Leistungsmanagement“, „Gesundheitsfokussierte Mitarbeiterführung“ und „Gesundheitsbasierte Organisationsentwicklung“ sicherzustellen.
Volkswirte warnen daher auch von der sechsten „Wachstumswelle“, die erstmals von dem Wirtschaftswissenschaftler Leo A. Nefiodow (2006) als sechster Kontratieff benannt wurde. Nach den Wachstumsschüben durch Automatisierung und Informationstechnik rückt jetzt als aktuell wirksamer Wachstumsfaktor „Psychosoziale Gesundheit und Kompetenz“ und damit das „System Mensch“ zentral in den Mittelpunkt des Wirtschaftens. Leider schlägt sich der sechste Kontratieff eher im Negativen nieder, leider durch deutliche Zunahmen psychischer Erkrankungen als Grund für Zeiten von Arbeitsunfähigkeit und vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben, mit den dazugehörigen Folgekosten für das einzelne Unternehmen sowie auch insgesamt für die Volkswirtschaft und die Gesellschaft.
Burnout 6.0 – Die Entwicklung einer Burnout Kultur
Das Phänomen Burnout, heute in aller Munde, keine Zeitschrift, kein Fernseh- oder Radiosender der nicht darüber berichtet, wurde ursprünglich bei helfenden Berufen wie zum Beispiel bei Krankenschwestern, Ärzten oder Psychologen beobachtet. Etwas später kamen dann auch die Leistungsträgern im wirtschaftlichen Bereich, wie Führungskräften, Selbstständigen und Unternehmer hinzu. Katholische Priester folgten an dritter Stelle. Vereinfacht gesagt handelt es sich beim Burnout-Syndrom um eine zunehmende Überlastung durch Arbeit aus einer einseitigen „Übermotivation“ heraus. Diese betroffenen Menschen überfordern dann in ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit und Energie sich zunehmend mehr und mehr. Unbemerkt leiten sie einen sozialen Rückzug ein, Desinteresse an Kontakten entsteht, geraten mehr und mehr in die Erschöpfungsspirale und Erkranken psychisch und psychosomatisch.
Interessanterweise ist mittlerweile eine sehr viel größere Gruppe der in ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit bedrohten Menschen in Unternehmen, Verwaltungen oder Organisationen, sei es im Management oder auf der Ebene der Sachbearbeiter, nicht durch diese Art von „Übermotivation“ gefährdet.
Die letztendlich krank machenden Einflüsse kommen hier aus den Organisationen des Unternehmens oder der Verwaltungen selbst und nicht aus der „falschen Einstellung“ des einzelnen Arbeitnehmers. Permanente Erreichbarkeit durch mobile Kommunikation und Infrastruktur, zunehmender Leistungsdruck, zunehmendes Tempo der Reorganisationen und zunehmend virtuelle Arbeitsbeziehungen greifen immer tiefer in die Lebenssituation des Einzelnen ein. Der Arbeitnehmer hat in der Regel keinen geregelten Feierabend mehr, er hat auch das Gefühl, dass er nie genug arbeitet, wird zu wenig gelobt und auch hat er durch stetige Wechsel im Management keine vertraute Ansprechperson mehr. Der Arbeitnehmer hat Angst. Dadurch werden zusätzlich die Phasen der notwendigen Regeneration gestört. All dies führt den Arbeitnehmer weiter zu einem zunehmenden Kontrollverlust. Diese Arbeitnehmer brauchen aber eine Erfolgsbestätigung der eigenen Wirksamkeit. Sie wollen wissen, für was Sie im Unternehmen eingesetzt werden und wo Sie Mehrwert leisten können. Hier wird extrem deutlich, welchen großen Einfluss die Führungskräfte, die institutionellen Bedingungen, die Unternehmen selbst und die Organisationen besitzen, um eine gesunde Leistungsfähigkeit der Führungskräfte und Angestellten zu erzielen. Diesen Einfluss gilt es dringend positiv zu nutzen! Daher Gesundheitsbewusstes Führen (DBFM) ist so einfach, die Führungskraft oder der Unternehmer muss sich nur trauen. Der Erfolg ist bereits programmiert.
Gesundheit – Das System Mensch
Die Frage, die sich letztendlich jede Führungskraft, egal in welcher Hierarchiestufe, stellen muss ist, wie können die Unternehmen aber auch ich selbst diese Burnout-Kultur überwinden? Burnout lässt sich als ein nachhaltiges massives „Aus-der-Balance-Sein“ des sich normalerweise selbstregulierenden „Systems Mensch“ verstehen. Denn dieses „System Mensch“ ist grundsätzlich gesund, wenn es nachhaltig in der Balance ist. Ist er ausgeglichen im Beruf und auch Privat, dann kann er nachhaltig enorme Leistung erbringen.
Bis heute sind es die Führungskräfte gewohnt, nur in den Kategorien Gesundheit und Krankheit zu denken. In Zukunft wird aber der Zusammenhang von Gesundheit und Leistung betrachtet werden. Daraus resultierende Potenziale sind zu erkennen und ein Nutzen für sich selbst und auch für das Unternehmen ist zu ziehen. Gesundheit heißt in dieser zukünftigen Betrachtungsweise, das System Mensch ist in Balance. Diese ist die Voraussetzung für nachhaltige Leistung und der positive Gegenpol zum „Burnout. Nachhaltige Gesundheit zu identifizieren und weiter zu entwickeln sind künftige Führungsaufgaben. Die Qualität der Führungskraft entscheidet künftig ob die Produktivitätsziele effektiv erreicht werden. Das Erleben der „sechsten Welle“, also Gesundheit endlich im positiven Sinne zu nutzen, wird über den nächste Jahresbericht entscheiden.
Paradigmenwechsel im Managementansatz
Das Zusammenspiel von Leistung und Gesundheit ist in den bisherigen Managementansätzen nicht etabliert. In den bisherigen Ansätzen geht es hauptsächlich nur um das kurzfristige maximale „Abgreifen“ von Leistung und Gewinn. Eine Integration von Leistungsfähigkeit und der Gesundheit eines Einzelnen, wäre dabei eher rein zufällig. Wann der Einzelne letztendlich mit seiner Aufgabe überfordert ist, wird erst bemerkt, wenn die Leistungsfähigkeit und Produktivität sinkt, also im übertragenen Sinne auf ein Auto reflektiert, wenn der Motor anfängt zu stottern oder gar nach gewisser Zeit im Extremfall stehen bleibt. Liebe Manager, den Motor eines Fahrzeuges muss man regelmäßig warten, man wechselt regelmäßig das Öl aus, man überprüft die Ventile. Nur so bringt das Fahrzeug über lange Sicht Fahrfreude und hält die versprochenen Kilometer. Tun Sie das auch bei Ihren Mitarbeitern? Warten Sie diese? Sie lassen den Motor Ihres Fahrzeuges ja auch nicht über einen längeren Zeitraum im roten Bereich drehen.
Heute wird leider der Vorsorge- oder Präventivansatz im Management nur bei Maschinen angewendet. In jedem Maschinenbau- oder auch betriebswirtschaftlichen Studium wird den Studenten beigebracht, dass es immer kostengünstiger ist, eine Maschine zu warten als diese später zu reparieren. Dieses in der Regel im Verhältnis 1:10, heißt, für jeden Euro den ich die Wartung einer Maschine investiere, spare ich 10 Euro Reparaturkosten.
Daher ist eine Abkehr vom sogenannten „Reparaturansatz“ im Managementverständnis nicht nur unbedingt notwendig, sondern diese Abwehr ist zudem als eine notwendige Weiterentwicklung oder Investition zu betrachten. Einzelne Führungskräfte haben zwischenzeitlich erkannt und versuchen gesundheitsintegrierte Führung in Ihren Unternehmen einzuführen. Ihnen sein mein Dank. Leider aber oft nur mit schwachem oder sehr schleppenden Erfolg. Größter Hemmschuh sind dabei die anderen Managementkollegen, welche nicht das Rückgrat haben, der einen Führungskraft zu Seite zu stehen, um gemeinsame Verbesserungen zu erreichen. Nein, diese Manager stellen sich massive gegen eine Veränderung. Eine Veränderung heißt immer, sich aus dem Gefühl der Sicherheit zu entfernen und neue Wege zu gehen. Dazu sind aber diese Manager (nicht alle) zu feige oder auch zu bequem.
Daher wird deutlich, warum die bisherigen Managementansätzen, welche die Integration von Gesundheit und Leistung betreffen, weder für das Management oder die Mitarbeiter noch für die Unternehmen und Organisationen zur Zeit produktiv oder sinnvoll sind. Der notwendige Paradigmenwechsel in Zukunft muss heißen: Weg vom Kriterium „kurzfristiges maximales Abgreifen“ hin zum Kriterium „nachhaltige Leistung durch Gesundheit“. Gesunde Mitarbeiter, Führungskräfte und auch Unternehmer leisten einfach mehr.
Ferner werden sich Unternehmen aufgrund der demographischen Entwicklung einem weiteren gefährlichen Gesichtspunkt stellen müssen. Das Angebot an qualifizierte Mitarbeiter und Führungskräfte wird zukünftig deutlich knapper. Es stehen nicht mehr genug Spezialisten und Experten zur Verfügung. Gerade der Mittelstand hat heute schon in der ganzen Region DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) erhebliche Schwierigkeiten geeignetes und qualifiziertes Personal zu finden. Daher kann ein ausgebrannter Mitarbeiter nicht ohne weiteres ersetzt werden. Bei der Neurekrutierung werden Unternehmen zunehmend in Konkurrenz miteinander stehen. Das Image des Unternehmens oder der Organisation am entsprechenden Arbeitsmarkt wird hier zunehmend den Ausschlag geben, den Wettbewerb um qualifizierte Kandidaten zu gewinnen.
Unternehmen, denen der Ruf anhaftet, ihre Mitarbeiter über kurz oder lang auszubrennen, werden verlieren. Welche Führungskraft möchte schon für ein Unternehmen arbeiten, wo sich nachweislich alle Freunde voneinander abwenden, weil die Firma in der Sie arbeiten einen schlechten Ruf hat. Früher haben die Großen die Kleinen gefressen, heute fressen die Schnellen die Langsamen, doch morgen da fressen die Gesunden die Kranken. Was nützt Ihnen das beste Produkt, die beste Idee oder der beste Absatzmarkt, wenn Ihr Unternehmen nur noch kranke Führungskräfte und Angestellte beschäftigt.
Andererseits werden Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil haben, die sich nachhaltig um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter kümmern. Tue Gutes und berichte darüber. Teilen Sie Ihren Kunden mit, dass gerade in Ihrem Unternehmen das Thema Gesundheit extrem großgeschrieben wird. Die Kunden werden Sie lieben und übrigens, Kundenzufriedenheit fängt bei Mitarbeiterzufriedenheit an. Die Ausrichtung hin zur gesundheitsbewussten Führungsmethode (GbFM) ist somit die zukunftsichernste Investition. Gesundheit ist Chefsache.
Quelle: Chefsache Gesundheit – Der Führungsratgeber fürs 21. Jahrhundert