Führungsintelligenz – Umsetzungsmöglichkeiten

Erstens: Gesundheitsförderung ist die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg.

20. März 2017.
Die Erkenntnis ist nicht neu, dass motivierte und gesunde Mitarbeiter das Erfolgsrezept für wirtschaftlichen Erfolg sind. Weiter wird die arbeitende Belegschaft in den kommenden Jahren immer älter. Die Führungskräfte haben daher dafür zu sorgen, dass gerade die älteren Arbeitnehmer dennoch fit und motiviert sind. Aber auch die jüngeren Beschäftigten trifft es, sie haben oft mit doppelten Belastungen zu Hause und bei der Arbeit zu kämpfen.

Die Gesunderhaltung der Mitarbeiter umfasst auch alle Tätigkeitsfelder und sollte im BGM, dem betrieblichen Gesundheitsmanagement, beschrieben sein. Je nach Branche vom typischen Schreibtischmitarbeiter, der es „im Rücken hat“, bis hin zu schwerer körperlicher Arbeit, etwa auf dem Bau. Keine Branche darf ausgelassen werden, es gibt überall Verbesserungspotenzial, auch bei den psychisch sehr belastenden Berufen wie im Fall der Ärzte, Psychologen oder Pflegeberufe.

Der Unternehmer und auch die Führungskraft müssen künftig Impulse geben, Angebote machen und ihre Mitarbeiter motivieren, an gesundheitsförderlichen Aktivitäten teilzunehmen. Ohne das Engagement der Chefs geht es nicht. Letztlich sind sie für ihre Mitarbeiter ebenso verantwortlich wie für neue Produkte oder Verfahren. Nach wie vor sind die Mitarbeiter das größte und wertvollste Gut in Unternehmen. Leider vergessen das viele Manager immer wieder. Deshalb müssen Sie als Führungskraft künftig dabei helfen, dass Ihr Personal fit bleibt – im Geiste wie auch körperlich. Der Einsatz zahlt sich unmittelbar aus in Form von niedrigeren Krankenständen, größerer Motivation, geringerer Fehlerrate, höherer Qualität, mehr Produktivität und schlussendlich in Form von mehr Gewinn.

Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind besonders herausgefordert. Sie verstecken sich hinter Ausreden wie wenig Zeit, knappe Ressourcen und das Tagesgeschäft drängt. Aber auch diese Unternehmen können gewinnen. Studien, wie die vom Institut Herdecke, gehen davon aus, dass der „Return on Investment“ betrieblicher Gesundheitsförderung zwischen drei und sieben Euro je eingesetztem Euro liegen kann. Wie bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zahlt sich das Gesundheitsengagement monetär aus.

KMU brauchen aber häufig noch die richtigen Ansprechpartner und praktische, einfache Instrumente, die ihnen schnell weiterhelfen. Unternehmerverbände, IHKs, die gesetzlichen Krankenkassen, die Unfallkassen oder auch private renommierte Dienstleister können weitere Hilfe bieten.

Die Führungskräfte von morgen müssen selbst fit sein und vorausschauend handeln. Nur so können sie überleben und betriebliches Gesundheitsmanagement gehört dazu. Auch wenn Sie als Unternehmer nicht alles beeinflussen können und die Einflüsse auf die Gesundheit vielfältig sind, gilt: Schauen Sie nicht weg, Sie können unterstützen, hinschauen und oft mit einfachen Mitteln viel bewirken. Diese Möglichkeit sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Sie sind Unternehmer und nicht Unterlasser.

Zweitens: Führungskräfte können die psychische Gesundheit fördern.

In Deutschland fehlen immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund von psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz. Inzwischen gehen ca. 13 % aller AU-Tage auf psychische Erkrankungen zurück. Diese Erkrankungen führen häufig zu besonders langen Krankschreibungen und sind seit mehr als zehn Jahren Hauptgrund für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. So wurden laut einer Recherche des Bayerischen Rundfunks im Jahr 2011 in Bayern 70 000 Arbeitnehmer aufgrund von psychischen Erkrankungen frühverrentet.

Es ist selbsterklärend, dass dieses Krankheitsbild die Leistungsfähigkeit und Motivation der Beschäftigten beeinflusst. Führungskräfte stehen damit vor der neuen Herausforderung, Leistungseinschränkungen und Fehlzeiten aufgrund von psychischen Störungen präventiv zu vermeiden oder nach Eintritt zumindest zu begrenzen. Die psychische Gesundheit wird durch eine Vielzahl von internen und externen Faktoren beeinflusst. Das heißt, nicht immer sind die Ursachen im beruflichen Umfeld zu suchen, oft hängen die Belastungspunkte auch mit dem privaten Umfeld zusammen. Die Führungskraft muss mehr sein als wiederum nur ein Vorgesetzter. Die Kunst liegt hier in dem salutogenem Ansatz. Das heißt: Die Gesundheit fördern anstatt die Krankheit zu heilen. Wussten Sie zum Beispiel, dass im alten China die Ärzte danach bezahlt wurden, wie lange der Kaiser gesund war? Diese Methode sollte man doch mal in Deutschland der Gesundheitspolitik vorschlagen. Ich würde mich nicht wundern, wenn dadurch die Krankheitskosten massiv gesenkt werden könnten.

Drittens: Die psychische Gesundheit ernst nehmen.

Psychische Erkrankungen können jeden treffen, egal ob Angestellter, Führungskraft oder Unternehmer. Wichtig ist auch: Psychisch kranke Menschen sind weder Arbeitsverweigerer noch Versager. Gegen psychische Krankheiten hilft keine Willenskraft. Denn wo ein Wille ist, ist noch lange kein Weg oder Gebüsch. Gerade beim Burnout erkranken nicht selten diejenigen, die sich beruflich und privat zu viel zugemutet haben. Die gebrannt haben, die Feuer und Flamme für etwas gewesen sind. Ausbrennen ohne Brennen geht nicht, merken Sie sich das. Sehr oft trifft es leider Menschen, bei denen man es eigentlich nicht vermutet hätte. Aussagen wie „Dem ging es ja gestern noch spitze, der war letzte Woche noch in New York“ sind keine Seltenheit. Dennoch werden psychische Erkrankungen gesellschaftlich nicht so ernst genommen wie körperliche Erkrankungen. Außer man ist berühmt. Die Gesellschaft unterscheidet leider zwischen berühmt und nicht berühmt. Heiße ich Rangnick, Enke oder Meckel, dann darf ich eine psychische Erkrankung haben, dann habe ich etwas geleistet, die Gesellschaft hat Bedauern oder Mitleid mit einem. Heiße ich Meier, Müller oder Schmitt und bin nicht berühmt, dann war ich leider der Aufgabe nicht gewachsen.

Viertens: Sich über die psychische Gesundheit informieren.

Stellen Sie sicher, dass in Ihrem Unternehmen offen über psychische Belastungen und psychische Erkrankungen gesprochen wird, und zwar unabhängig von Macht und Hierarchie. Hier sind Betriebsräte und Personalentwickler geeignete Ansprechpartner. Binden Sie diese Berufsgruppen frühzeitig ein und seien Sie als Führungskraft dabei ein gutes Vorbild. Achtsamkeit und offene Kommunikation bieten die Chance, psychischen Erkrankungen frühzeitig vorzubeugen oder rechtzeitig Rat bei einer Fachinstanz aufzusuchen. Informationsmaterial über psychische Gesundheit gibt es z. B. bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, bei vielen Gesundheitskassen oder auch bei Gesundheitsverbänden.

Fünftens: Die Widerstandskräfte stärken.

Sehr wirksam ist auch, die Widerstandsfähigkeit der Beschäftigten gegen psychische Belastungen zu stärken. Nochmals, die Gesundheit zu fördern ist besser als die Krankheit zu heilen. Dazu gehören spezifische Angebote wie präventive Achtsamkeits-, Stress-, Ernährungs- oder Konfliktbewältigungstrainings. Auch Gesundheitscoachings erfreuen sich immer größer werdender Beliebtheit, weil hier die Anonymität gewährleistet ist. Sorgen Sie als Führungskraft immer für ausreichende Bewegung. Halten Sie mal ein Personalgespräch im Freien ab oder führen Sie ein Meeting mal an Stehtischen durch. Solche kleinen Veränderungen wirken sich nachweislich sofort positiv auf die psychische Gesundheit aus. Die Kunst für Sie als Führungskraft besteht darin, kleine veränderbare Einheiten zu finden und umzusetzen, welche in den normalen Arbeitsablauf Ihrer Mitarbeiter integriert werden können. Überlegen Sie doch im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung gemeinsam mit den Beschäftigten, wie das Arbeitsumfeld genutzt werden kann, um die Widerstandsfähigkeit des Einzelnen zu stärken.

Sechstens: Arbeitsbedingte psychische Belastungen reduzieren.

Wie können arbeitsbedingte Risiken für die psychische Gesundheit im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements verringert werden? Haben Sie in Ihrem Unternehmen schon mal eine Gefährdungsanalyse veranlasst? Zunächst werden arbeitsbedingte psychische Belastungen identifiziert. Die einfachste Methode, das zu tun, ist die Erstellung eines persönlichen Stressregulierungsplans. Nach der Identifizierung werden diese Ergebnisse strukturiert und analysiert, um die Belastungen anschließend in dritter Instanz mit geeigneten Maßnahmen zu reduzieren. Die daraus resultierenden Ergebnisse können von Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter und Führungskräfte bis zur Umgestaltung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation reichen. Wieder ist es Ihre Aufgabe als Führungskraft, hier den Anstoß zu geben und das Thema betriebliches Gesundheitsmanagement in die Personal- und Organisationsentwicklung zu integrieren.

Siebtens: Psychisch belastete Mitarbeiter unterstützen.

Nicht nur Betroffene, sondern auch Unternehmer und Führungskräfte müssen künftig im Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern professionell unterstützt werden. Neben der Prävention (primär, sekundär oder tertiär) und der therapeutischen Behandlung spielt noch ein dritter Faktor eine maßgebliche und entscheidende Rolle. Es geht darum, dass Sie als Führungskraft die betriebliche Wiedereingliederung des therapierten Mitarbeiters erfolgreich mitgestalten. Leider beträgt die Rückfallquote nach Wiedereingliederung heute 60 %. Das heißt, bei zweidrittel aller Mitarbeiter verläuft die Rückkehr ins Unternehmen erfolglos. Weitere Kosten kommen auf Sie als Führungskraft oder Unternehmer zu. Nehmen Sie daher diesen Eingliederungsaspekt nicht auf die leichte Schulter.

Achtens: Die Qualität externer Unterstützungsprogramme nutzen.

Gerade zurzeit wachsen Stressreduzierer, Burnout-Experten oder Life-Balance-Trainer wie Sommerpilze nach einem warmen Regenschauer aus dem Boden. Jeder hat ein besseres, intensiveres oder wirksameres Programm. Für wen sollen Sie sich aber entscheiden? Aufgrund der Masse sinken auch sofort die Stunden- oder Tageshonorare. Psychische Belastungen sind zum Massenmarkt geworden. Prüfen Sie daher als Unternehmer oder Führungskraft ganz genau, wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Daher:

„Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgendjemand ein wenig schlechter machen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für das etwas Bessere zu bezahlen.“ John Ruskin (engl. Sozialreformer 1819–1900)

Wenn Sie als Unternehmer oder Führungskraft in Bezug auf die „Chefsache Gesundheit“ den geeigneten Anbieter suchen, achten Sie bei der Auftragsausschreibung und der Auftragsvergabe auf eine Reihe von Qualitätskriterien und nicht nur auf den Preis. Treffen Sie Ihre Entscheidung weise. Nur dann kann es Ihnen gelingen, Ihre Mitarbeiter durch richtige Beratung und ggf. Behandlungsempfehlungen rasch individuell zu unterstützen, und zwar ganzheitlich und nachhaltig – von der Prävention über die Therapie bis hin zur Wiedereingliederung.  Führungsintelligenz ist Chefsache.

Quelle: Chefsache Gesundheit – Der Führungsratgeber fürs 21. Jahrhundert